Über die historischen Romane von Claire Winter habe ich viel Positives gehört. Da ich noch keines ihrer Romane gelesen habe, habe ich mich sehr gefreut, dass ich bei LovelyBooks ein Rezensionsexemplar gewonnen habe. Ich nahm an der Leserunde „Kinder ihrer Zeit“ teil, in der rege diskutiert wurde. Das Buch ist ein Highlight, das ich sehr gerne weiterempfehle.
Um was geht es in dem Roman „Kinder ihrer Zeit“?
Die elf Jahre alten Zwillinge Emma und Alice werden auf der Flucht aus Ostpreußen im Januar 1945 getrennt. Rosa macht sich als Mutter Vorwürfe, ihre Tochter nicht besser beschützt zu haben. Sie glaubt, dass Alice tot ist, etwas anderes kann sie sich nicht vorstellen. Mit Emma zieht sie weiter in den Westen und auch später weigert sie sich, nach ihr zu suchen. Emma lebt mit ihrer Mutter in West-Berlin, sie geht zur Schule, wird Übersetzerin. Alice wächst in einem Waisenhaus in der DDR auf, in dem Glauben, dass ihre Mutter und Schwester tot sind. Später lebt sie in Ost-Berlin und arbeitet in der Deutschen Akademie der Wissenschaften. Sie ist eine überzeugte Anhängerin des Regimes.
Durch eine zufällige Begegnung keimt in Emma die Hoffnung auf, dass ihre Schwester noch lebt, und fängt an, sie zu suchen. Alice erfährt, dass sie gesucht wird, und fährt nach West-Berlin. Die ersten Begegnungen der Schwestern nach so vielen Jahren verlaufen schwierig. Alice ist im System fest verankert, doch die Schwestern versuchen, sich wieder näher zu kommen. Langsam fängt Alice an, Dinge zu hinterfragen, die sie bisher als gegeben angenommen hat. Dann verschwindet sie spurlos.
Der Ost-Berliner Physiker Julius Laakmann hat sich bisher nicht viel für Politik interessiert. Das ändert sich jedoch, als sein bester Freund am helllichten Tag in West-Berlin entführt wird. Die Geheimdienste werden auf ihn aufmerksam und er fühlt sich ständig beobachtet. Julius fängt an, seine Umgebung mit anderen Augen zu sehen.
Die Lage spitzt sich zu, als erste Gerüchte über einen bevorstehenden Mauerbau auftauchen.
„Es gibt nur eine Sache im Leben, die wichtig ist – dass du dir jeden Tag im Spiegel in die Augen schauen kannst.„
„Kinder ihrer Zeit“ Seite 305
Wie hat mir der Roman gefallen?
Der Roman “Kinder ihrer Zeit” ist in der Zeit vom Kriegsende bis Mauerbau 1962 angesiedelt, wobei der Schwerpunkt auf den Jahren kurz vor dem Mauerbau liegt. Sie spielt vorwiegend in Berlin, der damaligen Hochburg der Spionage. Sämtliche Geheimdienste der Alliierten waren dort vertreten. An dem Beispiel der Zwillingsschwestern wird der Unterschied zwischen Ost und West sehr deutlich. Auf der einen Seite die liberal und demokratisch denkende Emma, auf der anderen Seite Alice, die dem Regime treu ergeben ist und nichts hinterfragt, bis sie ihre Zwillingsschwester trifft. Eine Annäherung scheint unmöglich.
Die Geschichte der beiden Schwestern und die Schilderungen des Beginns des Kalten Krieges haben mich sofort in ihren Bann gezogen. Der Roman fängt mit einem spannenden Prolog an, mit dem auch ein Thriller beginnen könnte. Fiktion und bis ins Detail recherchierte historische Begebenheiten sind wunderbar miteinander verknüpft. Die Autorin hat die Stimmung der Nachkriegszeit sehr gut eingefangen. Die geschilderten Schicksale hätten sich so abspielen können. Die unterschiedlichen Charaktere sind gut ausgearbeitet und glaubwürdig.
Die Handlung wird chronologisch aus verschiedenen Perspektiven geschildert. Anhand der Kapitelüberschriften weiß der Leser sofort, aus wessen Sicht, wo und wann gerade erzählt wird. In der gebundenen Ausgabe ist auf den Buchinnenseiten eine Karte von Europa vor der Wiedervereinigung abgebildet. Innen auf den Umschlagseiten ist ein kurzes Interview mit der Autorin zur Entstehung dieses Buches abgedruckt.
Fazit
“Kinder ihrer Zeit” ist ein großartiger historischer Roman, der ein Stück spannender deutscher Zeitgeschichte eindringlich und mitreißend erzählt. Dieser Roman zählt zu meinen Highlights des Jahres 2020.
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Diana Verlag für die Rezension zur Verfügung gestellt. Meine Meinung wird dadurch nicht beeinflusst.
Autor
Claire Winter studierte Literaturwissenschaften und arbeitete einige Jahre als Journalistin, bevor sie entschied, sich ganz dem Schreiben zu widmen. Sie liebt es, in fremde Welten einzutauchen, verliert dabei aber nie die gründliche Recherche aus den Augen. Gerade die deutsche Nachkriegsgeschichte interessiert sie sehr. Die Autorin macht daraus einen spannenden und gleichzeitig sachkundigen Romanstoff mit mutigen und interessanten Charakteren. (amazon)
Informationen zum Buch
Titel: Kinder ihrer Zeit
Autor: Claire Winter
Genre: Historischer Roman
Print-Ausgabe: 576 Seiten
Ausgaben: E-Book, gebundene Ausgabe
Verlag: Diana Verlag (27. Juli 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3453291956
ISBN-13: 978-3453291959