Der Kriminalroman „Januskinder“ von Marcus Richmann ist sehr spannend aufgebaut und behandelt brisante gesellschaftliche Themen.
Ein entführtes Baby wurde von einem Obdachlosen an einer Baustelle in Zürich gefunden. Das Baby verdurstete bevor, die Rettung eintraf. Der Chefermittler Maxim Charkow und sein Team suchen im Umfeld der Familie nach einem Motiv für die Entführung, da es keine Lösegeldforderung gab. Kurz darauf wird in der Altstadt ein vier Monate altes Baby zwischen den Müllsäcken eines Restaurants, tot aufgefunden. Ein weiterer Entführungsfall ist nicht bekannt. Die Suche nach den Eltern des Babys beginnt. Mit Hilfe der DNA folgen die Ermittler einer heißen Spur, als erneut ein Baby entführt wird. Kann dieses Baby noch gerettet werden?
Die Polizeipsychologin Gabriella behandelt eine Patientin, an die sie nicht herankommt. Georgette wehrt sich, über sich und ihre Kindheit, zu erzählen. Gabriella will ihr unbedingt helfen, da sie Parallelen zu ihrer eigenen Vergangenheit sieht. Sie stellt eigene Nachforschungen an, die sie in die Psychiatrie einer privaten Klinik führen. Bald stößt sie auf Unstimmigkeiten im Leben von Georgettes Mutter Sarah.
Die Ermittlungen führen in beiden Fällen in tiefe menschliche Abgründe.
Der Kriminalroman „Januskinder“ ist von der ersten Seite an spannend und leicht zu lesen. Es ist nicht schwer, den verschiedenen Handlungssträngen zu folgen. Neue und unerwartete Wendungen lassen die Geschichte noch spannender werden, ich mochte das Buch kaum aus der Hand geben.
Mit den ungewöhnlichen Namen, vor allem Cla und Priska, hatte ich am Anfang ein bisschen Probleme. Bei Cla habe ich zuerst auf eine Frau getippt. Priska finde ich genauso ungewöhnlich. Ich habe eine Weile gebraucht, um mir die Namen zu merken.
Die privaten Einblendungen stören nicht die Handlung und machen die Schweizer Ermittler sehr sympathisch. Maxim Charkow hat mir sehr gut gefallen, ein interessanter Mann mit Charakter und Prinzipien. Allerdings ist Charkow der erste Kommissar, den ich kenne, der Gedichte schreibt. Bei der Schilderung der tollen russischen und italienischen Gerichte bekomme ich richtig Hunger…
Spannend finde ich die privaten Ermittlungen der Psychologin Gabriella. Eine Zeit lang waren sie und Charkow ein Paar. Irgendwie kann ich Gabriella verstehen, wenn sie mehr über ihre Patientin erfahren möchte. Ich denke, dass sie das in eine Zwickmühle bei der Behandlung der Patientin bringen kann. Bald führen sie die ersten Nachforschungen zu fragwürdigen Behandlungsmethoden in der Psychiatrie.
Eine weitere interessante Figur ist Evelina Schukowa, die wie Charkow aus Russland stammt. Sie ist die Geschäftsführerin eines Nachtklubs und eine sehr attraktive Frau, mit einer geheimnisvollen Vergangenheit und Gegenwart.
„Januskinder“ ist das erste Buch, das ich von Marcus Richmann gelesen habe. Die brisanten Themen wie Kindesentführung, Missbrauch, Menschenhandel und administrative Versorgung sind in einer fesselnden Krimihandlung lesbar verpackt. Administrative Versorgung klingt harmlos, man kann sich zuerst gar nichts darunter vorstellen. Erst, wenn man anfängt, sich mit dem Thema zu beschäftigen, kann man die schrecklichen Schicksale erahnen.
Die administrative Versorgung ist nur Teil des dunklen Kapitels der Schweizer Geschichte, mit dem sich das Buch beschäftigt. Das Gesetz für fürsorgerische Zwangsmaßsnahmen wurde bis 1981 in der Schweiz praktiziert. Betroffen waren insbesondere Kinder, Jugendliche und unverheiratete Frauen. Zwangseinweisungen in die Psychiatrie, Zwangssterilisation und Zwangsabtreibungen sind weitere Beispiele für das Unrecht, das praktiziert wurde.
Cover
Das Cover finde sehr beeindruckend. Die grünen Blätter bahnen sich den Weg durch den Asphalt. Hoffnung, Lebenswille oder die Wahrheit kommt immer ans Licht.
Empfehlung
Absolut lesenswert! Die Story, die Charaktere, die Spannung und die Auflösung, hier stimmt einfach alles. Ein sehr gelungenes Buch.
Autor
In seinen Geschichten mit Maxim Charkow bezieht er sich auf die dunkeln Kapitel der Schweizer Geschichte. Heute lebt er in Zürich und arbeitet als Autor von Romanen und Drehbüchern. Der erste Fall mit Maxim Charkow wurde vom RSI, dem italienischsprachigen Sender für die Schweiz, als Zweiteiler unter dem Titel »Cuore di ghiaccio« (Herz aus Eis) verfilmt. Der Kriminalroman ENGELSCHATTEN wurde für den Zürcher Krimipreis nominiert (Amazon)
Informationen zum Buch
Titel: Januskinder
Autor: Marcus Richmann
Genre: Kriminalroman
Print-Ausgabe: 373 Seiten
Ausgaben: E-Book, Broschiert
Verlag: Gmeiner, A (4. Februar 2015)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3839216826
ISBN-13: 978-3839216828