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„Die Blankenburgs“ von Eric Berg

Sowohl das schöne Cover als auch der Klappentext haben mich auf diesen Familienroman “Die Blankenburgs” neugierig gemacht. Von Eric Berg habe ich bereits den fesselnden Thriller “Das Nebelhaus” gelesen. Leider hat mir der Roman nicht so gut gefallen, wie erwartet.

Handlung

Frankfurt 1929: Als Richard Dobel, der Geschäftsführer der Porzellanmanufaktur Blankenburg, vom Börsencrash in New York erfährt, erleidet er einen Herzinfarkt, den er nicht überlebt. Sein Schwiegervater, der Familienpatriarch Adalmar Blankenburg, erschießt sich, als er begreift, dass die Manufaktur pleite ist. Die beiden Töchter Elise Dobel und Ophélie de Fleury erben die Manufaktur, da Otto der älteste Sohn im Krieg gefallen ist und Wido als verschollen gilt. Die Töchter haben sich bis jetzt nicht für die Firma interessiert und streiten um das Erbe, da Ophélie der älteren Elise das Erbe nicht gönnt. In diesen Streit mischt sich Tante Arabella, die Schwester des verstorbenen Patriarchen, ein. Arabella Löwenkind geb. Blankenburg, die seit dem Tod Ihres Mannes in New York lebt, nimmt das Geschäftliche in die Hand, um die Manufaktur zu retten. Die Besitzverhältnisse ändern sich schlagartig, als Ottos unehelicher Sohn Tankred auftaucht und ein Teil vom Erbe haben will.

Ein Klappentext, der falsche Erwartungen weckt

Nach der Beschreibung im Klappentext habe ich ein anderes Buch erwartet. Das Cover ist schön und typisch für einen Familienroman. Der Klappentext verspricht einen schönen Familienroman und eine interessante Geschichte über eine Porzellanmanufaktur. Die männlichen Leser greifen bestimmt nicht zu diesem Buch, obwohl das Ringen um Macht, Intrigen und Politik sie ansprechen würde. 

Der Klappentext spricht eine falsche Zielgruppe an. Das Hauptthema dieses Romans ist nicht die Familie Blankenburg, sondern die politische Lage der Weimarer Republik. Der Autor hat hervorragend recherchiert und anschaulich die Anfänge und die Entwicklung der neuen nationalsozialistischen Bewegung dargelegt. Der Roman ”Die Blankenburgs” beschreibt die Jahre 1929–1936 anhand Tankreds Biografie und versucht eine Antwort darauf zu finden, aus welchen Gründen sich Menschen dieser Bewegung angeschlossen und mitgemacht haben.

Charaktere

Die Charaktere sind für diese dramatischen Ereignisse und Entwicklungen nicht lebendig genug. Sie entwickeln sich zwar weiter, bleiben aber meistens flach und ohne Emotionen. Nur bei Tankred und Arabella hatte ich das Gefühl, dass die Figuren leben. Zwischendurch dachte ich, ein Sachbuch zu lesen statt einen Familienroman. 

Tankred ist ein sehr interessanter Charakter und es ist spannend, seine Entwicklung zu verfolgen. Der uneheliche Sohn Otto Blankenburgs und einer Wäscherin ist in ärmlichen Verhältnissen in Berlin aufgewachsen und war in verschiedene dubiose Geschäfte verstrickt. Als er von seinem Erbe und dem Streit der Schwestern erfährt, versucht er mit allen Mitteln an Anteile an der Manufaktur zu kommen. Tankred ist sehr geschäftstüchtig und will nicht nur die Manufaktur, sondern auch die Villa der Blankenburgs für sich. Um Probleme aus der Welt zu schaffen, verlässt er sich auf die Hilfe seiner alten Freunde Dubbe und Schimmy, die sich inzwischen der neuen nationalsozialistischen Bewegung angeschlossen haben. Er strebt nach Macht und Anerkennung und merkt zu spät, worauf er sich eingelassen hat. 

“Die ich rief, die Geister werd ich nun nicht los.”

Zauberlehrling, Johann Wolfgang von Goethe

Arabella Löwenkind kämpft um die Manufaktur Blankenburg und möchte sie im Familienbesitz behalten. Als sich die Lage der Juden dramatisch zuspitzt, kämpft sie auch um den Erhalt der Manufaktur Löwenkind, die ihr Neffe führt. Sie scheint die Einzige zu sein, die die politische Lage richtig einschätzt. 

Das Verhältnis der beiden Schwestern Elise und Ophélie ist nicht das beste. Ophélie befindet sich auf einem privaten Rachefeldzug. Elise hat Probleme mit ihrer fast erwachsenen Tochter Emma, die ihren Vater sehr vermisst. Als sich Emma nicht standesgemäß verliebt, bekommt die Figur etwas mehr Kontur.

Wie hat mir der Roman „Die Blankenburgs“ gefallen?

“Alle glücklichen Familien sind einander ähnlich; unglücklich ist jede Familie auf ihre eigene Art.”

Leo Tolstoi (1828–1910), Anna Karenina (Buchanfang)

Der Roman um Intrigen und Macht um jeden Preis ist in einem Sprachstil geschrieben, der für die 20er und 30er-Jahre zu modern ist. Am Anfang jedes Kapitels wird die politische Lage zusammengefasst. Oft wechseln die Perspektiven innerhalb des Kapitels. Rückblicke erklären, warum die Figur so geworden ist, wie sie ist.  

Die Porzellanmanufaktur ist nur ein Nebenschauplatz. Die Manufaktur und das Porzellan werden nur beiläufig erwähnt. Ich habe erwartet, mehr darüber zu erfahren. Im Prinzip könnte das jede x-beliebige Fabrik sein, an deren Beispiel die Machenschaften der neuen Machthaber sichtbar gemacht werden.

Ein Erzählstrang zu viel ist das Wiederauftauchen des verschollenen Sohnes Wido und der Handel mit Kokain. In den Zwanzigerjahren war Kokainkonsum, für den, der es sich leisten konnte, en vogue. Zeitlich passt das Thema, würde aber besser in einem eigenen Roman aufgehoben sein.

Die am Anfang verwirrenden Familienverhältnisse sind in einem Stammbaum abgebildet. Leider ist der Stammbaum in einer zu kleinen Schrift dargestellt, die ich auf meinem E-Reader nicht vergrößern konnte und für mich unlesbar war. 

Fazit

“Die Blankenburgs” werden als Familienroman angekündigt. Wer einen schönen Familienroman und eine interessante Geschichte über eine Porzellanmanufaktur erwartet, wird enttäuscht sein. Über Porzellan erfährt man nur sehr wenig. Der Roman beschäftigt sich hauptsächlich mit der politischen Lage der Weimarer Republik. Dramatisch, erschreckend, aber glaubhaft wird die Entwicklung der neuen nationalsozialistischen Bewegung geschildert. Obwohl das Thema sehr wichtig ist, konnte mich der Roman nicht fesseln.


Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Blanvalet Verlag für die Rezension zur Verfügung gestellt. Meine Meinung wird dadurch nicht beeinflusst.


Über Eric Berg

Eric Berg zählt seit vielen Jahren zu den beliebtesten deutschen Autoren und begeistert Kritiker und Leser immer wieder aufs Neue. Neben seinen Kriminalromanen – fast allesamt SPIEGEL-Bestseller –, in denen er bereits starke Frauenfiguren ins Zentrum rückt, widmet er sich jetzt dem historischen Roman und beeindruckt mit detailreichen Schilderungen, pointierten Dialogen und hervorragender Recherche. »Die Blankenburgs« erzählt vom Aufstieg und Fall einer imposanten Porzellandynastie und von den Frauen der Familie, die dem Schicksal die Stirn bieten und im Angesicht großer Not über sich hinauswachsen. (amazon)

Informationen zum Buch:

Cover Info Die Blankenburgs

Titel: Die Blankenburgs
Autor: Eric Berg
Genre: Roman
Print-Ausgabe: 544 Seiten
Ausgaben: E-Book, gebundenes Buch, Hörbuch, Multimedia-CD
Verlag:  Blanvalet Verlag; Originalausgabe Edition (20. September 2021)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3764507764
ISBN-13: 978-3764507763


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