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Piccola Sicilia – Daniel Speck

Piccola Sicilia Cover

Über Daniel Speck und seinen Erfolgsroman „Bella Italia“ habe ich viel gelesen, aber noch nicht das Buch selbst. Beim Stöbern auf LovelyBooks entdeckte ich seinen neuen Roman „Piccola Sicilia“. Die Buchbeschreibung hat mich sehr neugierig gemacht und ich bewarb mich für die Leserunde des Fischer Verlags.

Handlung

Heute: Die Archäologin Nina arbeitet in einem Museum in Berlin, wo sie der Anruf eines früheren Kollegen Patrice erreicht. Der Unterwasserarchäologe und Schatzsucher hat mit seinem Team vor Sizilien ein Flugzeugwrack aus dem Zweiten Weltkrieg geborgen. Patrice vermutet, dass es das Flugzeug ist, mit dem Ninas verschollener Großvater abgestürzt ist. Nina fliegt nach Sizilien. In Marsala trifft sie auf Joëlle, die behauptet, die Halbschwester ihrer Mutter zu sein.

1942: Yasmina und Victor wachsen in dem italienischen Viertel “Piccola Sicilia” in Tunis auf. Im Hotel Majestic, der Kommandantur der deutschen Wehrmacht, lernen sich Moritz, Yasmina und Victor kennen. Als Moritz Victor das Leben rettet, sind ihre Schicksale miteinander verbunden.

Um was geht es in diesem Roman?

Der Roman wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Die Handlung der Gegenwart spielt in Marsala auf Sizilien, die der Vergangenheit beginnt in Tunis 1942.

Der Anruf von Patrice erreicht Nina zu einem Zeitpunkt, in dem sie in einer persönlichen Krise feststeckt. Die Scheidung von ihrem Mann hat sie aus dem Gleichgewicht gebracht. “Dinge, die sich nicht verändern, beruhigen mich.” (Seite 10) “In der Wüste verschollen”, war die Standardantwort auf die Frage nach ihrem Großvater. Ist sie deshalb so fasziniert von der Wüste? Wurde sie deshalb Archäologin, um das Rätsel um den verschollenen Großvater zu lösen? Ninas Mutter hat ihren Vater nie kennengelernt und aus seinem Verschwinden wurde ein großes Geheimnis gemacht.

Nina reagiert zunächst skeptisch auf Joëlle, wie glaubwürdig ist sie? Sie fühlt sich von der älteren Frau magisch angezogen und möchte alles über das Leben ihres Großvaters erfahren. Und Joëlle beginnt zu erzählen. Zuerst sind es die Erinnerungen ihrer Mutter Yasmina und später ihre eigenen. Durch Joëlles Erzählungen lernt Nina ihren Großvater Moritz kennen und verstehen. Sie sieht plötzlich ihr Leben mit anderen Augen und fängt an, ihr Leben zu verändern. Joëlle hat eine besondere Art über ihre Familie zu sprechen, die Nina von zu Hause nicht kennt. Sie ist durchdrungen von Liebe und nicht von Traurigkeit. Sie erfährt eine andere Seite der Wahrheit, als der, mit der sie aufgewachsen ist.

„Propaganda ist nur für diejenigen erkennbar, die das ganze Bild kennen.“

Bis zu Invasion der Deutschen 1942 ist Tunis ein Schmelztiegel verschiedener Nationen und Religionen. Westliche und orientalische Lebensarten leben friedlich nebeneinander. Tunis, ein Stück Paris mitten in Afrika. Yasmina und Victor wachsen in dieser friedlichen Koexistenz, als italienische Juden, in Piccola Sicilia auf. Beide finden Arbeit im Hotel Majestic, er als Pianist, sie als Zimmermädchen. Die deutsche Besatzung und der Krieg verändern das Leben und die Menschen und der Zusammenhalt in Piccola Sicilia bröckelt.

Wie hat mir „Piccola Sicilia“ gefallen?

Ninas Rahmenhandlung ist für meinen Geschmack zu ausführlich ausgefallen. Die Abschnitte in der Gegenwart mit Nina sind in der Ich-Form geschrieben und nicht so spannend, wie die aus der Vergangenheit. Die historischen Abschnitte sind sehr fesselnd geschrieben. Besonders gut gefallen hat mir die Beschreibung des Lebens in Tunis und in Piccola Sicilia, das sehr lebendig und eindrucksvoll dargestellt wird. Diesen “tunesischen Blickwinkel” finde ich sehr interessant. Ich habe schon einige Bücher über den Zweiten Weltkrieg gelesen, aber noch nie aus dieser Perspektive.

Aufgefallen sind mir die vielen Zitate und Vergleiche. Anregend sind die wiederkehrenden philosophischen Gedankengänge über die verschiedenen Religionen und den Krieg, die zum Nachdenken anregen. “Was ist Wahrheit? Was ist Lüge?” ( Seite 132 ff). Leider sind einige dieser Passagen zu langatmig geraten und einige wiederholen sich.

“Piccola Sicilia” ist spannend und mitreißend geschrieben, teilweise in einem poetischen Schreibstil. Daniel Speck gelingt es perfekt, das Leben in Tunis einzufangen. Dieser Roman ist keine leichte Lektüre. es ist ein Buch, das zum Nachdenken anregt und das Gelesene wirkt noch länger nach.

Enttäuscht und nicht ganz überzeugt hat mich das sehr offene Ende des Romans. Es bleiben noch viele Fragen, die nicht beantwortet werden.

Nachtrag März 2021: Die noch offenen Fragen werden in der Fortsetzung „Jaffa Road“, die im März 2021 erschienen ist, beantwortet.

Charaktere

Nicht alle Charaktere finde ich sympathisch, finde sie aber trotzdem glaubwürdig. Einige Figuren gehen mehr in die Tiefe, andere bleiben oberflächlich.

Einige Protagonisten verändern sich durch den Krieg und seine Nachwirkungen, andere verharren in alten Mustern. Die größte Veränderung macht Moritz durch. Anfangs konnte ich mit Moritz nicht viel anfangen. Ein Mann, der Propagandafilme dreht und seine schwangere Braut sitzen lässt. Doch Moritz entwickelt sich weiter, fängt an über sein Weltbild und seine Arbeit nachzudenken und man merkt ihm seine Zweifel und Zerrissenheit an. Am Ende muss er sich entscheiden.

Victor verändert sich ebenfalls. Sein Leben lang kämpft er um die Anerkennung seines Vaters. Zuerst rebelliert er gegen ihn und wird Pianist, statt Arzt, wie er. Ein Mann ohne Verantwortungsgefühl, der sein Leben mit vollen Zügen auskostet, bis er in lebensbedrohliche Situationen gerät, die sein Leben verändern.

Yasmina ist eine Protagonistin, mit der ich mich am wenigsten anfreunden konnte. Einerseits bewundere ich ihren Mut, ein uneheliches Kind zu bekommen und allein großzuziehen. Doch ihre Sturheit und Naivität nerven zunehmend und ich kann ihre Handlungen nicht nachvollziehen.

Fazit

Der Roman “Piccola Sicilia” erzählt eine faszinierende Familiengeschichte, um Liebe, Familie, Freundschaft und das Zusammenleben verschiedener Kulturen. Historische Fakten werden aus einer anderen Perspektive erzählt und mit Leben gefüllt.

Buchgestaltung

Als ich die broschierte Ausgabe zum ersten Mal in der Hand hielt, war ich angenehm überrascht. Das Buch ist aufwendig und informativ gestaltet. Auf der ausklappbaren Rückseite ist ein Interview mit dem Autor Daniel Speck, sowie ein Kartenausschnitt abgedruckt.

In einer Buchhandlung würde mich das Cover eher nicht ansprechen, wenn mir der Autor Daniel Speck nicht bekannt wäre. Das Cover ist einfach gehalten und passt zu „Bella Germania“. Der Titel „Piccola Sicilia“ macht mich dagegen neugierig. Im großen und Ganzen passt aber das Cover zu einem historischen Roman.

Autor

Daniel Speck, 1969 in München geboren, baut mit seinen Geschichten Brücken zwischen den Kulturen. Auf seinen Reisen trifft er Menschen, deren Schicksale ihn zu seinen Romanen inspirieren. Der Autor studierte Filmgeschichte in München und in Rom, wo er mehrere Jahre lebte. Er verfasste die Drehbücher zu »Maria, ihm schmeckt’s nicht« sowie zu »Zimtstern und Halbmond «. Für »Meine verrückte türkische Hochzeit« erhielt er den Grimme-Preis und den Bayerischen Fernsehpreis. Sein Roman »Bella Germania« stand 85 Wochen auf der SPIEGEL-Bestsellerliste und war das erfolgreichste deutsche Debüt 2016. »Piccola Sicilia« ist sein zweiter Roman. (Amazon)

Informationen zum Buch

Cover Info Piccola Sicilai

Titel: Piccola Sicilia
Autor: Daniel Speck
Genre: Roman
Print-Ausgabe: 624 Seiten
Ausgaben: Broschiert, E-Book, Hörbuch,  Audio-CD
Verlag: FISCHER Taschenbuch (26. September 2018)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3596701627
ISBN-13: 978-3596701629


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Kategorie: Rezensionen

von

Profilbild Kristina

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2 Kommentare

  1. Matthias Gruber sagt

    Der geschichtliche Hintergrund ist nicht nur falsch, so hat nue eine SS Einheit afrikanischen Boden betreten, sondern es gab auch nie Samnelaktionen, Aufgruffe von jüdischen Bewohnern.

    • Hallo Matthias,
      wenn du Fehler im geschichtlichen Hintergrund entdeckt hast musst du dich an den Verlag oder den Autor wenden.
      Grüße
      Kristina

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