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Noble Gesellschaft – Joan Weng

Cover Noble Gesellschaft

Der Krimi „Noble Gesellschaft“ spielt in Berlin 1925. „Der schönste Mann der UFA“ Carl von Bäumer trifft auf einem Galadinner das Fliegerass Max von Volkmann, einen alten Bekannten wieder. Max erzählt ihm von einem verschwundenen Dienstmädchen seines Freundes. Am nächsten Morgen liegt das Fliegerass erschossen in seinem Frühstückszimmer. War es wirklich Selbstmord, wie alle behaupten? Carl glaubt nicht daran und recherchiert im Freundeskreis des Toten, der noblen Gesellschaft. Außerdem möchte er seinem Freund dem Kommissar Paul Genzer imponieren, in dem er ihm den Täter präsentiert.

„Noble Gesellschaft“ wird vom Verlag als ein Kriminalroman verkauft. Viele Krimifans könnten enttäuscht sein, den die Ermittlerarbeit kommt eindeutig zu kurz. Dafür lohnt es sich, in das Berlin der zwanziger Jahre und der noblen Gesellschaft einzutauchen. Die Autorin Joan Weng hat den Zeitgeist der Weimarer Republik gut eingefangen. Die Lösung des Falls geschieht eher zufällig. Die Auflösung ist stimmig und glaubwürdig.

In den ersten Kapiteln werden viele neue Figuren eingeführt. Gut, dass die Autorin daran gedacht hat, eine Namensliste mitzuliefern, die gleich am Anfang des Buches steht. Die Figuren sind gut beschrieben, hätten aber etwas mehr in die Tiefe gehen können. Mit den Hauptprotagonisten Carl und Paul musste ich erst warm werden. Carl benimmt sich zeitweise, wie ein verwöhntes Kind und Paul, der ein paar Jahre älter ist, behandelt ihn manchmal von oben herab. Carl und der rothaarige, sommersprossige Bilderbuchsozialist Paul, sind ein Paar. In der Familie gehen sie damit offen um, in der Öffentlichkeit bemühen sie sich um Distanz, um keinen Verdacht aufkommen zu lassen. Paul kann es nicht riskieren, wegen § 175 angezeigt zu werden. Der § 175 stellte Homosexualität als Straftat dar und wurde als „Unzuchtsparagraf“ bezeichnet, der zum „Schutz der Volksgesundheit“ eingeführt wurde.

In den zwanziger Jahren ging es in Berlin in der oberen Schicht ziemlich locker zu. Die Oberschicht war erfolgsverwöhnt und gelangweilt, schlürfte Champagner und schnupfte Kokain, nahm es mit der Treue nicht so ernst und suchte nach immer neuem Kick. Mit dem Proletariat wollte sie nichts zu tun haben und die sozialistische Bewegung war ihnen suspekt. Beim Lesen gewann ich den Eindruck, dass jeder etwas zu verbergen hat.

Wenn Carl, als ein Teil dieser gelangweilten noblen Gesellschaft, nach Informationen sucht, braucht er sich nur an seine Schwester Urte zu wenden, die immer bestens informiert ist. Willi, Pauls älterer Bruder dagegen kann mit vielen Informationen aus der Berliner Unterwelt dienen, da er es mit seinen Geschäften nicht so ganz genau nimmt. Muskel-Adolf, der Herr über diese Unterwelt macht Geschäfte mit und durch die noble Gesellschaft.

Der Schreibstil der Autorin ist lebendig und humorvoll und sprachlich dem Zeitgeist angepasst.

Die „Noble Gesellschaft“ ist bereits das zweite Buch mit dem Filmstar Carl von Bäumer und dem Kommissar Paul Genzer. Der erste Fall der beiden wird in „Feine Leute“ geschildert.

Fazit

„Noble Gesellschaft“ ist eher ein Gesellschaftsroman, als ein spannender Krimi. Wer in die Goldenen Zwanziger in Berlin eintauchen möchte, liegt mit diesem Roman richtig. Das Buch mit den amüsanten Verwicklungen und etlichen Toten lässt sich schön lesen.

Cover

Schwarz-Weiße  Cover mag ich eigentlich nicht so gern, dafür aber schwarz-weiß Fotos. Sie sind ausdruckstärker als Farbfotos. „Noble Gesellschaft“ ist ein Roman aus den Zwanzigern und das Cover mit der Schwarz-Weiß-Fotografie aus dieser Zeit, ist durchaus passend.

Autor

Joan Weng, geboren 1984 in Stuttgart, studierte Germanistik und Geschichte und promoviert aktuell über das Frauenbild in der Literatur der Weimarer Republik. Für ihre Kurzprosa wurde sie mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Hattinger Literaturförderpreis, dem Wiener Werkstattpreis, dem Goldstaubpreis der Autorinnen Vereinigung e. V. sowie zahlreichen Stipendien. Seit 2013 leitet sie die Redaktion von www.zweiundvierziger.de, dem Blog der 42er Autoren. Sie lebt mit ihrer Familie bei Tübingen. (amazon)

Informationen zum Buch

Cover Info Noble Gesellschaft

Titel: Noble Gesellschaft
Autor: Joan Weng
Genre: Kriminalroman
Print-Ausgabe: 304 Seiten
Ausgaben: Taschenbuch, E-Book
Verlag: Aufbau Taschenbuch
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3746632765
ISBN-13: 978-3746632766

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Kategorie: Rezensionen

von

Profilbild Kristina

Ein Leben ohne Bücher? Unvorstellbar! Ich liebe es in fremde Welten einzutauchen und die Welt draußen zu vergessen. Beim Lesen kann ich mich am besten entspannen. Geht es dir genauso? Dann verpasse keine neuen Artikel und abonniere sie per E-Mail.

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